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COVID-19

Deutscher Professor in Wuhan: ?Lokale Cluster sind der Kern der Eind?mmungsstrategie“ Exklusiv

04.03.2020

Als die durch das neuartige Coronavirus (COVID-19) verursachte Epidemie in der chinesischen Metropole Wuhan ausbrach und man weltweit mit Angst und Sorge die immer weiter steigende Zahl best?tigter Infektionsf?lle verfolgte, holten mehrere L?nder ihre Staatsbürger aus dem Epizentrum des Ausbruchs und brachten sie nach Hause. Doch einige Ausl?nder wollten nicht zurück – sie blieben. Timo Balz, ein deutscher Professor an der Universit?t Wuhan, ist einer von ihnen. Er leitet in China ein Forschungsteam im Bereich Fernerkundung mit Radarsatelliten. Die Familie – Balz, seine chinesische Frau und die zwei Kinder der beiden – entschied sich, Wuhan nicht zu verlassen. Schlie?lich ist die zentralchinesische Stadt ihre Heimat. 

 

Inzwischen konnte die Epidemie in Wuhan beziehungsweise in ganz China erfreulicherweise bereits effektiv einged?mmt werden. Dennoch breitet sich das Virus global immer schneller aus. Wir haben Balz nach seiner Einsch?tzung der aktuellen epidemischen Situation gefragt.


 Timo Balz, ein deutscher Professor an der Universit?t Wuhan


China.org.cn: Seit mehr als einem Monat ist die Metropole Wuhan nun schon abgeriegelt. Wie haben Sie und Ihre Familie den Alltag verbracht? Welche Hilfs- und Dienstleistungen haben Sie von der Stadt oder Ihrem Wohnbezirk erhalten?

 

Timo Balz: Die Tage haben wir zu Hause verbracht. Die Kinder verbringen den Tag mit Online-Schule und Hausaufgaben. Sie würden natürlich gerne rausgehen, dass geht aber im Moment leider nicht. Ansonsten verbringen wir einen guten Teil des Tages mit dem Kochen, aber auch mit Lebensmittelbestellungen und anderer Hausarbeit. Dazu kommt ja noch die normale Arbeit, die wir jetzt eben versuchen, so gut es geht, im Homeoffice zu erledigen.

 

Wuhan bek?mpft gemeinsam den Virus, die verschiedenen Institutionen in ihren jeweiligen Kapazit?ten. Es gibt zum Beispiel eine Vielzahl von Informationsm?glichkeiten auch in englischer Sprache. Viel konkreter hat man natürlich mit der lokalen Hausverwaltung zu tun. Hier werden Essensbestellungen organisiert, die Zug?nge kontrolliert, und so weiter. Gestern zum Beispiel haben wir kostenlos etwas Gemüse bekommen.

 

Natürlich ist die Gesamtsituation unangenehm. Aber ich denke, dass sehr viel getan wird, um die Situation in Wuhan für alle ertr?glich zu machen und gleichzeitig weitere Infektionen zu vermeiden. Ich beschreibe die Situation dabei immer so, dass wir alles bekommen, was wir brauchen, aber nicht alles, was wir wollen. Wir bekommen Fleisch, Gemüse, frisches Obst und dergleichen. Wir sind also gut versorgt. Natürlich komme ich gerade nicht an meine Lieblingspizza oder gute deutsche Wurst ran, aber das ist ja ein vergleichsweise kleines Problem.

 

Der drastische Anstieg der Infektionsf?lle scheint sich momentan abzuschw?chen. Hat sich Ihr Leben in h?uslicher Isolierung etwas ge?ndert?

 

Nein. Wuhan ist immer noch in einer kritischen Phase und die Parole hei?t im Moment nicht lax werden und nachlassen. Ich denke, dass ist auch richtig, wobei ich mir natürlich schon wünsche, m?glichst bald wenigstens mit den Kindern wieder spazieren gehen zu k?nnen. Der Rückgang an Neuinfektionen hilft aber psychisch schon, da man einerseits weniger Angst hat sich anzustecken und andererseits auch langsam Licht am Ende des Tunnels sieht.

 

Ende Januar hat die deutsche Regierung ihre Staatsbürger aus Wuhan ausgeflogen. Sie sind geblieben. Einige chinesische Medien haben berichtet, dass Sie Ihre Familie und Kollegen nicht verlassen wollten und auf die Ma?nahmen Chinas vertrauen. Gab es noch andere Gründe? Als die Zahl der neu Infizierten an einem Tag pl?tzlich um über zehntausend gestiegen ist, hatten Sie da auch mal Zweifel an Ihrer Entscheidung in China zu bleiben? Wie finden Sie Ihre Entscheidung jetzt?

 

Das stimmt. Wir leben ja nun auch schon mehr als zehn Jahre in Wuhan, da geht man nicht so einfach weg. Habe ich mich manchmal gefragt ob das ein Fehler war? Sicherlich. Trotzdem sind wir auch weiterhin in Wuhan geblieben, obwohl es ja mehr als eine Gelegenheit zur Ausreise gab. Wir sind auch weiterhin froh zu Hause in Wuhan zu sein. Die pl?tzliche Steigerung war ja klar als statistischer Ausrei?er (oder eben ?nderung der Z?hlweise) zu erkennen. Erschreckender war es für uns, als auch F?lle in unserer Nachbarschaft auftraten.

 

Welche Auswirkung hat die Epidemie auf Ihre Forschung?

 

Naja, viele Aufgaben kann ich eigentlich nur im Büro erledigen. Beispielsweise ben?tige ich meinen Rechner von dort, den ich auch leider nicht mal eben kurz holen gehen kann. Man muss sich eben anpassen und an etwas anderem arbeiten.

 

In meiner Forschung im Bereich der Fernerkundung mit Radarsatelliten besch?ftige ich mich auch mit Dynamiken im urbanen Raum. In dem Zusammenhang haben wir gerade neue Bilder von unseren Partnern in der italienischen Weltraumagentur (ASI) erhalten und versuchen, die Auswirkungen der Abriegelung beispielsweise auf den Verkehr zu untersuchen.

 

In anderen L?ndern gibt es nun auch immer mehr Infektionsf?lle. In Italien sollen es schon über 2000 sein, aber auch in Deutschland sind bislang 196 F?lle best?tigt. Sorgen Sie sich um die Situation in Europa? Wie beurteilen Sie die Ma?nahmen, die Italien und Deutschland ergriffen haben? Was k?nnten andere L?nder Ihrer Meinung nach vielleicht von China lernen oder wie sollten sie die Zusammenarbeit mit China gestalten?

 

In dem Fall sorge ich mich tats?chlich um die Situation in Europa. China hat hier meiner Meinung nach eine Vorreiterrolle im Umgang mit Epidemien. Europa k?nnte hier sehr viel lernen, aber auch von Singapur. Viele, die hier auf die vermeintliche Ungef?hrlichkeit des Viruses verweisen, weigern sich einfach von der Situation in Wuhan zu lernen. Wenn sehr viele Menschen gleichzeitig an dem Virus erkranken, wie in Wuhan, dann stehen einfach nicht genügend Krankenhaus- und Intensivstationsbetten zur Verfügung und viele Patienten, die eigentlich geheilt werden k?nnten, sterben oder haben einen schlimmen Krankheitsverlauf, der ja auch zu Folgesch?den an der Lunge führt.

 

Es ist durchaus m?glich, wie das Beispiel Wuhan zeigt, die Ausbreitung des Virus erfolgreich einzud?mmen. Dies erfordert jedoch Anstrengungen auf allen Ebenen. Ich befürchte, viele L?nder sind dazu nicht in der Lage, auch weil ein Management auf der untersten Ebene, der Hausverwaltungs- und Gemeindeebene, fehlt und die einzelnen Wohnbereiche gar nicht voneinander getrennt werden k?nnen. Diese lokalen Cluster sind ja der Kern der Eind?mmungsstrategie in China.

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Quelle: www.ets2-mod.com

Schlagworte: Deutscher Professor,Wuhan,Infizierte,Europa,Eind?mmungsstrategie

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