Chinesischer Botschafter in Deutschland
Wir werden unsere Innovationspartnerschaft upgraden Exklusiv
Shi Mingde, chinesischer Botschafter in Deutschland (Archivfoto)
2016 wurde China zum gr??ten Handelspartner Deutschlands. Auf welche Bereiche konzentriert sich die Handelskooperation der beiden L?nder vor allem? Derzeit herrscht in der Weltwirtschaft weiterhin Konjunkturflaute und protektionistische Tendenzen kommen auf. Gro?britannien hat den Austrittsprozess offiziell begonnen, Trumps Devise lautet "America first"... eine Reihe solcher Faktoren beeinflusst die Marschrichtung der Weltwirtschaft. Welchen Einfluss haben Ihrer Meinung nach globalisierungsfeindliche Trends auf die Beziehungen zwischen China und Deutschland oder sogar China und Europa?
Shi Mingde: Die Handelskooperation ist auf lange Sicht der Stabilisator der chinesisch-deutschen Beziehungen. China und Deutschland sind wichtige Handels- und Investitionspartner füreinander. Nach den deutschen Statistiken hat China im Jahr 2016 die USA und Frankreich überholt und war erstmals Deutschlands gr??ter Handelspartner. Derzeit gibt es 8200 deutsche Unternehmen in China und die tats?chlichen Investitionen belaufen sich auf über 70 Milliarden US-Dollar. Die chinesische Investitionsaktivit?t in Deutschland nimmt stetig zu. Es gibt jetzt etwa 2000 chinesische Unternehmen in Deutschland mit kumulativen Investitionen von etwa acht Milliarden US-Dollar. Die gegenseitigen Investitionen sind keine Einbahnstra?e mehr. Das ist ein Zeichen dafür, dass unser Kooperationsniveau eine neue Stufe erreicht hat. Au?erdem entwickelt sich unsere Zusammenarbeit in den Bereichen Intelligent Manufacturing, Energiesparen und Umweltschutz sowie kleinere und mittlere Unternehmen stetig. Die Formen der Zusammenarbeit werden immer vielf?ltiger und die Interessen verschmelzen immer st?rker miteinander. Unsere Handelskooperation ist umfassend, breit aufgestellt und auf einem hohen Niveau; das wird immer deutlicher.
Derzeit trifft die Globalisierung der Wirtschaft auf Gegenwind und der Handelsprotektionismus erf?hrt ein Comeback . China und Deutschland sind beide gro?e Realwirtschafts- und Handelsnationen, die von der Globalisierung profitieren und diese fest unterstützen. Angesichts der gegenw?rtigen Lage müssen wir gemeinsam die Globalisierung voranbringen und gemeinsam die Liberalisierung des Welthandels und die Erleichterung von Investitionen f?rdern. Wir müssen jede Form von Protektionismus klar ablehnen. Beide L?nder stehen für eine schnelle Unterzeichnung des chinesisch-europ?ischen Investitionsabkommens und der Machbarkeitsstudie für eine chinesisch-europ?ische Freihandelszone, um mit der Stabilit?t beider L?nder den globalen Unw?gbarkeiten entgegenzuwirken.
Wie sieht es mit der Beteiligung Deutschlands an der die Seidenstra?eninitiative "One Belt, One Road" aus? Welche Ergebnisse liegen bereits vor? Uns ist bekannt, dass die Kooperation auf Drittm?rkten ein wichtiger Inhalt des gemeinsamen Aufbaus der Seidenstra?eninitiative ist und im Juni 2016 in die gemeinsame Erkl?rung anl?sslich der Chinesisch-Deutschen Regierungskonsultationen aufgenommen wurde. Welche konkreten bilateralen Kooperationsprojekte wurden bisher in diesem Rahmen umgesetzt?
Shi Mingde: In den drei Jahren, seit es die Seidenstra?eninitiative gibt, haben wir sie reibungslos ins Rollen gebracht. Sie ist zu einem breiten Konsens für internationale Zusammenarbeit geworden und hat eine Reihe früher Erfolge erzielt. Inzwischen sind diese zu wichtigen gemeinsamen internationalen Produkten geworden. In dieser Zeit hat sich auch die deutsche Position deutlich sichtbar gewandelt von einer abwartenden Haltung zu aktiver Unterstützung und Teilnahme. Deutschland war eines der ersten westlichen L?nder, die der Initiative ihre Unterstützung ausgesprochen haben und ist au?erhalb des asiatischen Raumes der gr??te Geldgeber für die Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB). Deutsche aus allen Schichten blicken gespannt auf die Seidenstra?eninitiative. Beim im Mai veranstalteten internationalen Kooperationsgipfel von ?One Belt, One Road “ entsandte Deutschland die Ministerin für Wirtschaft und Energie, Brigitte Zypries, als besondere Vertreterin der Bundesregierung und von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Damit setzte Deutschland ein Zeichen für seine aktive Teilnehme an der Initiative.
Die Kooperation mit Deutschland hat in diesem Kontext einiges an Fortschritten gemacht. Deutschland verfügt über High-End-Technologien und Ausrüstung , wir k?nnen durchaus miteinander kooperieren, um das Produkt mit einem noch besseren Kosten-Nutzen-Verh?ltnis und noch besserer Wettbewerbsf?higkeit auszustatten. In Regionen wie Asien, Zentralasien und Osteuropa k?nnen wir beim Ausbau der Infrastruktur zusammenarbeiten. Als wichtige Mitglieder der AIIB arbeiten China und Deutschland gemeinsam daran, diese zu einer modellhaften, effizienten, gut geführten, transparenten und offenen multilateralen Finanzinstitution zu machen. Der China Railway Express ist das erfolgreichste chinesisch-deutsche Projekt der Seidenstra?eninitiative. Im Jahr 2016 fuhren 1702 Züge zwischen Europa und China, 1034 davon zwischen Deutschland und China. Duisburg ist ein wichtiges Drehkreuz für die Initiative, fast t?glich kommt hier ein Güterzug aus China an. China ist das einzige Land, dessen Eisenbahntechnik mit der deutschen kompatibel und vernetzt ist. Die China Railway Group und die Deutsche Bahn haben letztes Jahr eine gemeinsame Absichtserkl?rung über Dienstleistungen wie Projektberatung und technischer Wartung in Drittl?ndern unterzeichnet. Weiterhin kooperieren China und Deutschland in Afghanistan bei der Ausbildung im Bergbau sowie beim Katastrophenschutz und der Katastrophenhilfe. Darin zeigt sich auch die Unterstützung beider L?nder für einen friedlichen Wiederaufbau und eine friedliche Entwicklung in Afghanistan. Mit Sicherheit werden die bilateralen Kooperationsprojekte und deren Ergebnisse in Zukunft weiter zunehmen.
In Deutschland gibt es sehr unterschiedliche Ansichten zu "Made in China 2025" und "Industrie 4.0". Manche sind der Meinung, dass die beiden zusammen eine starke Kombination seien, doch es gibt auch deutsche Medienberichte, die sagen, dass ?Made in China 2025" als Vorsto? in die High-End-Produktion deutsche Marktanteile gef?hrden würde und eine Bedrohung für die deutsche Industrie darstelle. Wie bewerten Sie diese Ans?tze? Welche Kooperationsm?glichkeiten bestehen im Rahmen dieser beiden Strategien?
Shi Mingde: Das grundlegende Ziel der Verbindung von "Made in China 2025" und "Industrie 4.0" ist, eine Win-win-Situation zu schaffen. Beide L?nder haben ihre St?rken und Vorteile im industriellen Bereich und erg?nzen sich in hohem Ma?e. Deutschland verfügt über fortschrittliche Technik, China über einen gigantischen Produktionsmarkt und breit angelegte Produktionsgrundlagen. Au?erdem haben wir viel Personal in Forschung und Entwicklung bei relativ niedrigen Kosten. Die enge Zusammenarbeit und der positive Wettbewerb zwischen China und Deutschland sind kein Nullsummenspiel mit einem Gewinner und einem Verlierer, sondern ein weiser Schachzug, um den Markt und den "Kuchen" der gemeinsamen Interessen zu vergr??ern und eine starke Kombination zu schaffen. Die besorgten Stimmen in Deutschland fu?en vor allem auf einem mangelnden Verst?ndnis der tats?chlichen Situation. Zudem herrschen gegenüber China recht gro?e Vorurteile.
Die Verbindung von "Made in China 2025" und der deutschen "Industrie 4.0" ist eine wichtige Initiative für die Umsetzung der deutsch-chinesischen strategischen Kooperation in der Fertigungsindustrie. Derzeit haben wir für Intelligent Manufacturing und Industrie 4.0 bereits einen Kooperationsmechanismus auf Ebene der Vizeminister ins Leben gerufen und arbeiten an einer umfassenden Kooperationsplattform, welche Industrie und Wissenschaft verbindet, die Unternehmen in den Mittelpunkt stellt und von den Regierungen unterstützt wird. Auf einigen Ebenen, wie der gemeinsamen Festlegung von Standards für die "Industrie 4.0", gibt es schon einige Fortschritte und Pilotprojekte. Dazu z?hlen der Deutsch-Chinesische Industriepark für Maschinen- und Anlagenbau (in Shenyang), das Sino-German Intelligent Manufacturing Research Institute (in der Provinz Jiangsu) und der chinesisch-deutsche Kooperationsstandort Jiangsu (in Taicang).
Zukünftig sollten wir direkte Unternehmenskontakte weiter vorantreiben und die Unternehmen weiter in den Vordergrund rücken, damit diese ihre Leitfunktion entfalten k?nnen. Zweitens sollten wir fortfahren, unsere Kooperation im Bereich der Standardisierung weiterzuentwickeln und die bereits bestehenden Pilotprojekte zu "Flaggschiffen" unserer Kooperation machen, damit diese ihren Modelleffekt entfalten k?nnen. Drittens sollten wir den Austausch bei der Ausbildung von Forschungspersonal und Industriemanagern weiter voranbringen. Die Verbindung von "Made in China 2025" und "Industrie 4.0" ist eine neue Aufgabe, bei der wir uns nicht auf vergangene Beispiele oder gegenw?rtige Erfahrungen berufen k?nnen. Das erfordert von beiden Regierungen, dass von Anfang an langfristig gedacht wird, wir traditionelle Kooperationskonzepte überdenken und mit Unternehmungslust und Offenheit gemeinsam nach Schnittpunkten für die Kooperation suchen.