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03. 09. 2009 | Druckversion | Artikel versenden| Kontakt |
Chinesische Forscher zweifeln an ihrer bisherigen Geschichtsschreibung. Neue arch?ologische Funde und wissenschaftliche Methoden deuten an, dass 1.000 Jahre in Chinas "5.000 Jahren Zivilisation" unbewiesen bleiben.
Lange schien es klar, dass die Wiege der chinesischen Zivilisation in der Region um den Mittellauf des Gelben Flusses stand. Jedoch n?tigen die jüngsten arch?ologischen Funde aus weit entfernten Winkeln Chinas die Wissenschaftler nun, ihre Vorstellungen von den Ursprüngen der chinesischen Zivilisation noch einmal zu überdenken.
Einige Wissenschaftler stellen sogar in Frage, ob die legend?re Xia Dynastie (etwa 2100-1600 vor Christus) jemals existiert hat, berichtet die neue Ausgabe des Wissenschaftsjournals "Science".
Der Ursprung der chinesischen Zivilisation war lange Zeit eine komplizierte und verwirrendes Thema in Chinas akademischen Kreisen. In der ?ffentlichkeit prahlt China zwar gerne mit "5.000 Jahren Zivilisation", dank der Entdeckung von Orakelknochen konnte aber der unter Wissenschaftlern weithin anerkannte Beginn der Zivilisation anhand von historischen Aufzeichnungen auf die Shang Dynasty (1600-1100 vor Christus) datiert werden. Durch die Inschriften auf den Orakelknochen, die als ?lteste Schriftzeichen in China gelten, konnten die Arch?ologen sich ein Bild von der Gesellschaft zu Zeiten der Shang-Dynastie machen.
Es bleiben also 1.000 Jahre in Chinas "5.000 Jahren Zivilisation" unbewiesen. Für die Arch?ologen ist es daher nun essenziell, mehr über die Gesllschaft vor der Shang-Dynastie zu erfahren.
Der Bauboom, der fortw?hrend das physische Gesicht des Landes ver?ndert – f?rdert nun unvermeidlich lebendige Schlüssel zu Chinas Geschichte zu Tage, wirft ein Licht auf alte Handelsrouten und lang verloren geglaubte Kulturen – eine neue und komplexere Geschichte des chinesischen Volkes kommt zum Vorschein.
Die neuesten arch?ologischen Funde zeigen, dass es vor vier- bis fünftausend Jahren viele fortgeschrittene Kulturen in den T?lern zahlreicher gr??erer Flüssen des heutigen China gab. 2007 wurde eine alte Stadt an den unteren Flu?l?ufen des Jangste-Flusses ausgegraben, deren Alter man auf 4.300 Jahre sch?tzt. Es w?re spannend, zu erfahren, was die Menschen dort einst über ihr Land und sich selbst gedacht haben.
Die Stadt halten manche für einen Teil der Liangzhu-Kultur, die auf eine Zeitspanne vor etwa 4000 bis 5300 Jahren mit Namen "Neolithikum" gesch?tzt wird. Arch?ologen vermuten, es k?nnte sich um die nie gefundene Hauptstadt des sagenhaften K?nigtums Liangzhu handeln. Falls dieses K?nigreich überhaupt existiert hat, w?re es ?lter als die gleicherma?en legend?re Xia-Dynastie, die offiziell in China als die ?lteste betrachtet wird. Traditionell glauben Chinesen, dass die Xia-Dynastie vor 4.000 Jahren am Horizont der Geschichte auftauchte.
"Vor diesen erstaunlichen Funden waren wir auf die zentralen Ebenen fokussiert," sagt Wang Wei, Direktor des Arch?ologischen Instituts bei der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften in Beijing, wie "Science" ihn zitiert.
Seit 2004 hat Wangs institut eine ambitionierte, multidisziplin?re Anstrengung koordiniert, um eine Chronologie des pr?historischen Jahrtausends von vor 4.500 bis 3.500 Jahren zu umrei?en. Dabei sollen die modernsten Methoden helfen, die Funde der letzten 25 Jahre zu ananalysieren.
Die neue Generation chinesischer Forscher verl?sst sich heute mehr auf physische Daten und mehr westliche Methoden, um die chinesische Geschichte akkurat zurückzuverfolgen. Aus gutem Grund, denn ihre Vorg?nger waren traditionell eher dazu bereit gewesen, die Inhalte alter Texte für bare Münze zu nehmen.
"Fast alle von uns akzeptierten früher, dass am Gelben Fluss der Ursprung der chinesischen Zivilisation liege. Nachdem wir mehr geforscht haben, haben wir aber herausgefunden, dass es so viele alte Kulturregionen wie Sterne am Himmel gibt," sagt Wang. "Heute ist es eindeutig, dass das Entwicklen und Ausweiten regionaler Zentren zurm Formen der chinesischen Zivilisation beitrug."
Wang will Forscher aus ganz Cina anziehen und mit ausl?ndischen Wissenschaftlern zusammenarbeiten. Davon erhofft er sich eine nuanciertere und datengestützte Sicht auf die alten Zeiten Chinas. Zugleich k?nnte sich die arch?ologische Gemeinschaft in China mit diesem neuen Ansatz weltweit an die vorderste Front des Wissenschaftszweiges bef?rdern.
Andrew Lawler, der Autor der Berichte in "Science", meint, dass die jüngst in China gemachten aufregenden Entdeckungen und die schnelle Entwicklung des Landes "einen opportunen Zeitpunkt bieten, sich hineinzubuddeln in neue Fragen über Chinas Ursprünge, den Zustand seiner bedrohten historischen St?tten, aber auch der wachsenden Expertise seiner Arch?ologen."
Lawler behandet in seinen Berichten auch das zuf?llige Entdecken und sp?tere Ausgraben von Jinsha, einer historischen St?tte, die sich nahe dem Stadtzentrum von Chengdu in der Provinz Sichuan und damit etwa 1.000 Kilometer vom traditionellen "Zentrum der chinesischen Zivilisation" entlang des Gelben Flusses befindet.
Ein anderer Artikel des Autors wirft Licht auf die früheste Seidenstra?e, auf der wertvolle Güter wie Bronze vom Westen nach China und m?glicherweise Hirse, das Grundnahrungsmittel des alten China, nach Westen gebracht wurde. Diese neuesten Erkenntnisse haben chinesische Forscher dazu veranlasst, anzuerkennen, dass ein bemerkenswerter Einfluss von au?en ihre alte Kultur beeinflusst hat.
Quelle: China Daily
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